Anonymer Fragebogen und persönliche Begleitung für Frauen durch individuellen Lotsenservice

EU-Modellprojekt „GUIDE4YOU“ will in Heidelberg das Unterstützungssystem bei häuslicher Gewalt verbessern

Individuelle und schnelle Unterstützung für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind: Die Stadt Heidelberg hat Anfang November 2019 das durch die Europäische Union (EU) finanzierte Modellprojekt „GUIDE4YOU“ gestartet. Ziel ist es, betroffenen Frauen besonders in der Akutphase nach einem Übergriff den Zugang zu Hilfe zu erleichtern und sie individuell durch die einzelnen Stellen des Hilfesystems zu begleiten. Denn trotz eines überdurchschnittlich gut ausgebauten Unterstützungssystems in Heidelberg finden viele Frauen keinen Zugang zu der Hilfe, die sie benötigen.

Ab Juli zwei persönliche Ansprechpartnerinnen für betroffene Frauen

Ab Montag, 6. Juli 2020, nehmen zwei Lotsinnen, die „Guides“, ihre Arbeit auf. Sie kommen ins Spiel, wenn sich eine betroffene Frau bei den Kontaktstellen des Projektes meldet – der Gewaltambulanz, der Allgemeinen Psychiatrie, der Interventionsstelle für Frauen und Kinder oder der Polizei. Diese Stellen vermitteln die Lotsinnen als persönliche Ansprechpartnerinnen. Nach ihrem individuellen Bedarf begleiten sie die Frau zu den Hilfestellen, die sie benötigt. Durch diesen persönlichen Kontakt können Hemmschwellen und Ängste bei der Betroffenen abgebaut werden. Eine Weiterbegleitung nach dem Erstkontakt ist möglich. Die beiden Lotsinnen stehen im engen Austausch mit den bestehen Hilfestellen. Eine von ihnen ist ausgebildete Traumapädagogin, die andere Psychologin.

Um einen Einblick in die individuellen Bedarfe und Wünsche von Frauen an das Hilfesystem zu bekommen, steht seit März ebenfalls ein Online-Fragebogen in acht Sprachen zur Verfügung, den jede betroffene Frau anonym und vertraulich ausfüllen kann. Der Fragebogen kann bis Ende Juli 2021 im Internet unter www.heidelberg.de/guide4you ausgefüllt werden – auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Türkisch, Russisch, Arabisch und Rumänisch. An der Umfrage teilnehmen kann jede Frau, die schon einmal in ihrem vertrauten Umfeld eine Erfahrung mit körperlicher und/oder sexueller Gewalt gemacht hat. Der Online-Fragebogen erfasst die persönlichen Erfahrungen, Wünsche, Ängste und Entscheidungsfaktoren, die Frauen darin beeinflussen, ob sie sich Hilfe suchen oder nicht. Die SRH Hochschule Heidelberg wertet die Daten aus. Neben dem Fragebogen gibt die neue Projekt-Webseite ausführliche Informationen zu „GUIDE4YOU“, den Kooperationspartnerinnen und -partnern sowie Infos zu den Notkontakten in Heidelberg. Die Webseite ist auch auf Englisch verfügbar (www.heidelberg.de/en/guide4you).

Kooperationspartner des von der EU finanzierten Projekts sind die Gewaltambulanz des Universitätsklinikums Heidelberg, die Fakultät für Angewandte Psychologie der SRH Hochschule Heidelberg und die Klinik für Allgemeine Psychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg. Auch die Polizei und die Interventionsstelle für Frauen unterstützen die Umsetzung.
Fragen  zum Projekt beantworten Projektleiterin Dr. Marie-Luise Löffler (Telefon 06221 58-15520, E-Mail marie-luise.loeffler@heidelberg.de) und ihre Mitarbeiterin Jana Christ (Telefon 06221 58-15522, E-Mail jana.christ@heidelberg.de), beide vom städtischen Amt für Chancengleichheit.

Dieses Projekt wird kofinanziert durch das Programm Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft (2014-2020) der Europäischen Union.

Die Stadt Heidelberg setzt sich dafür ein, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen

Jede vierte Frau zwischen 16 und 85 Jahren in Deutschland erlebt mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt innerhalb einer Beziehung. An jedem zweiten bis dritten Tag stirbt eine Frau an den Folgen von Gewalt, die von ihrem Partner oder Ex-Partner ausgeübt wurde. Die Dunkelziffer ist dabei noch viel höher. Die Stadt Heidelberg setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, Gewalt gegen Frauen im öffentlichen und privaten Raum zu bekämpfen (www.heidelberg.de/chancengleichheit). So wurden bereits zahlreiche Initiativen, Strukturen und Gremien – wie das Heidelberger Interventionsmodell, das Frauen-Nachttaxi oder der städtische Runde Tisch gegen Gewalt im Geschlechterverhältnis – etabliert, um durch kontinuierliche Präventionsarbeit sowie Hilfe- und Schutzmaßnahmen für Betroffene gegen diese Gewalt vorzugehen. Mehr als 750.000 Euro werden von der Stadt für Präventionsmaßnahmen und helfende Projekte jedes Jahr ausgegeben.