Die Heidelberger Wegweisersteine
Ein Kulturdenkmal mit über 100 Zielen im Heidelberger Stadtwald
Kulturdenkmal Wegweisersteine
Am 26. Dezember 1887, also vor über 130 Jahren, beriet die sogenannte „Waldkommission“ der Stadt Heidelberg über einen „Antrag des Gemeinnützigen Vereins, die Herstellung von Wegweisern zu gestatten“. Die Waldkommission existierte von 1879 bis 1927. Ihr gehörten drei bis fünf Stadträte sowie der Forstamtsleiter an. Lange Zeit war Prof. Friedrich Eisenlohr der Vorsitzende und Friedrich Obermeyer der Förster. Durch ihr Wirken bekam der Heidelberger Stadtwald seine noch heute bestehende Gestalt als Erholungswald.
Im Protokoll der besagten Sitzung heißt es weiter: „Es ist demselben zu erwidern, dass es zunächst unzweckmäßig erscheint, Holztafeln, welche leicht entfernt und zerstört werden, als Wegweiser zu verwenden. Ferner glaubt die Waldkommission, dass es gerade im Interesse Wegunkundiger liegt, ein einheitliches System an Wegweisern herzustellen, und dass sich die Waldkommission angelegen sein lassen wird, das schon sehr ausgedehnte Netz von steinernen Wegweisern noch zu vervollständigen, und dass sie den gemeinnützigen Verein bitte, seine Wünsche in Bezug auf einzelne solche Wegweiser mitzuteilen, welchen bereitwillig entsprochen werden wird.“
Es ist die „Gründerzeit“ in Deutschland. Heidelberg will Kurort werden. Das Schloss wird renoviert, die Bergbahn gebaut, die Stadthalle entsteht. Das Hotel Molkenkur bietet eine Molke-Diät an.
Bewegung in der Natur ist angesagt: „Aus grauer Städte Mauern ziehn wir durch Wald und Feld.“ Wandern ist „in“ und ein Wirtschaftsfaktor. Da liegt es nahe, mit einer entsprechenden Infrastruktur im Stadtwald zu punkten. Es dauerte aber bis in die 1920er Jahre, bis die rund 780 Wegeisersteine, die es heute gibt, aufgestellt waren. Dies war also keine einmalige Aktion, sondern die nachhaltige Anstrengung einer ganzen Generation.
Das System der Wegweisersteine
Die Wegweisersteine im Stadtwald sind ein Kulturdenkmal, aber nicht nur ein historisches, sondern ein „lebendiges“. Die Wege- steine laden Wanderer auch heute noch dazu ein, sie zu nutzen. Denn sie sind in besonderer Weise dazu angetan, die Landschaft um Heidelberg kennenzulernen. Dies hat mit dem „System“ zu tun, welches im Protokoll von 1887 erwähnt wird.
Oft ist auf den Steinen der Name des Weges angegeben, an dem der Stein steht. Ein einfacher Pfeil markiert Anfang und Richtung des Weges. Manchmal zeigt ein Doppelpfeil an, dass der Weg auf beiden Seiten weitergeht. Es gibt etwas über 200 verschiedene Wegenamen auf den Steinen im Heidelberger Stadtwald. Manche zeugen von vergangenen Zeiten und regen die Phantasie an: Biersiedersteig, Brandplattenweg, Einsiedler- weg, Guckkastenweg, Hutzelwaldweg, Ingenieurweg, Jesuiten- weg, Kaiserfranzweg, Ochsenwegle, Rodelweg, Saupferchweg, Strubligerbuchweg, Überzwercherweg, Wildschützenweg und viele mehr.
Auf den Wegweisersteinen sind sodann zahlreiche Orte aufgeführt, zu denen die Wege führen – oft auf zwei oder drei Seiten des Steines und nicht selten auch noch an der Oberseite. Die Richtung zu diesen Zielen ist durch gefiederte Pfeile angezeigt. Leider ist der Unterschied zwischen den beiden Pfeilarten wohl später in Vergessenheit geraten, so dass man auch Steine findet, auf denen der einfache Pfeil ein Ziel bedeutet. Schließlich kann auf einem Stein angegeben sein, wie der Ort heißt, an der man sich befindet, zum Beispiel Birkenbank. Diese Information ist entweder durch einen Stern hervorgehoben oder sie steht in einem Feld oben auf dem Stein.
Nach den Wegweisern wandern
Es gibt rund 180 verschiedene Orte, die auf den Wegweiser- steinen auftauchen. Das System, das sich die Waldkommission ausgedacht hat, leitet einen nämlich nicht von Punkt zu Punkt, sondern bietet an jedem Wegestein einen ganzen Fächer von Zielen an, aus denen der Wanderer wählen kann. Solche Ziele können zum Beispiel Bismarckhöhe, Blockhaus, Drehscheibe, Drei Eichen, Drei Tröge, Hohes Kreuz, Hohler Kästenbaum, Kanzel, Karlslust, Krausstein, Kreuzgrund, Kühruh, Linsen- teicheck, Pfalzgrafenstein, Rindenhäuschen, Rondell, Schneider- schere, Sieben Linden, Siebenwege, Sprunghöhe, Stickelsplatz, Stiftsmühle, Strangwasen, Waidhaus, Wildererskreuz, Wolfshöhle, Zollstock sein.
Das birgt ein Problem. Denn wer nicht weiß, wo die Orte liegen, kann nicht viel mit der Aufschrift auf den Wegweiser- steinen anfangen.
Will man wirklich dort hin? Das vorliegende Faltblatt hilft dabei, diese Frage unterwegs zu entscheiden.
Das zum Download bereitgestellte Faltblatt enthält zwei Kartenausschnitte, einen für den Stadtwald nördlich und einen für den Bereich südlich des Neckars. Für unterwegs kann der Kartenteil vom Textteil des Faltblattes getrennt werden (Faltblatt in der Mitte durchschneiden). Die auf den Wegesteinen genannten Ziele sind in den alphabetischen Listen neben den Karten mit einer Nummer versehen, über die man die Lage des Ortes in der Karte identifizieren kann. Die kleinen roten Punkte stehen für die Wegweisersteine. Es ist klar, dass die Karten zu klein sind, um mit ihrer Hilfe zu navigieren – aber dazu gibt es ja die steinernen Wegweiser!
Wegesteinziele im südlichen Stadtwald
Wegesteinziele im nördlichen Stadtwald
Flyer Wegweisersteine (1,4 MB)