Stadt Heidelberg führt Solarpflicht ein
Ab sofort soll der Ausbau von Photovoltaikanlagen in Heidelberg noch stärker als bisher forciert werden, um das Ziel von 25 MW mehr PV-Leistung in den nächsten fünf Jahren zu erreichen. Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 23.06.2020 setzt Heidelberg hier verstärkt auf Verpflichtungen und führt folgende 8 Maßnahmen ein.
Seit 1992 ist Heidelberg aktive Vorreiterkommune in Sachen Klimaschutz und Erneuerbare Energien. Mit dem Masterplan 100 % Klimaschutz, der Ausrufung des Klimanotstands in 2019 und dem Beschluss zum Klimaschutz-Aktionsplan liegt der Schwerpunkt auf dem Ausbau erneuerbarer Energien.
Mehr als 10 Prozent der in Heidelberg installierten PV-Leistung sind auf städtischen Dachflächen zu finden. Bei vielen kommunalen Gebäuden wird also bereits Solarenergie genutzt. Mit der ersten Maßnahme des Beschlusses wird die Vorbildfunktion der Stadtverwaltung und der städtischen Gesellschaften hervorgehoben.
1. Die Dachflächen aller Neubauten der Stadt und der städtischen Gesellschaften sind für die Installation von PV-Anlagen zu nutzen. Auf den Dachflächen von Bestandsgebäuden werden schrittweise PV-Anlagen installiert, vorrangig im Zuge von Dachsanierungen.
Seit 2010 wird beim Verkauf städtischer Grundstücke der Passivhausstandard gefordert, nun wird der Käufer zusätzlich verpflichtet eine Solaranlage zu betreiben.
2. Beim Verkauf städtischer Baugrundstücke werden die Käufer mit den Kaufverträgen verpflichtet, Dachflächen von Neubauten für die Installation von PV-Anlagen zu nutzen. Für Grundstücke auf den Konversionsflächen Patrick-Henry-Village (PHV) und Airfield gilt die Verpflichtung auch für Bestandsgebäude.
In den vergangenen Jahren wurden Investoren in vielen Planungsgesprächen seitens der Stadt auf die Vorzüge von Photovoltaikanlagen hingewiesen. Da dies leider nur selten zur Umsetzung geführt hat, sollen nun mit der dritten und vierten Maßnahme auch die Dachflächen von Investoren genutzt werden, bei der die Stadt Planungsrecht schafft.
3. In allen städtebaulichen Verträgen und in Vorhaben- und Erschließungsplänen soll mit den Vertragspartnern vereinbart werden, geeignete Dachflächen von Neubauten für die Installation von PV-Anlagen zu nutzen. Für Grundstücke auf den Konversionsflächen PHV und Airfield gilt dies auch für Bestandsgebäude.
4. Bei der Bauleitplanung werden energetische Standards erarbeitet, die in entsprechenden Festsetzungen, insbesondere zur Installation von PV-Anlagen auf den Dächern von Neubauten, umgesetzt werden.
Im Zuge der verdichteten Bauweise in Städten muss der Mehrfachnutzung von Dachflächen in Bezug auf Regenwasserretention, Naturschutz und Erneuerbare Energien Rechnung getragen werden. Mit Punkt 5 wurden hier Kompromisslösungen gefunden.
5. Die Nutzung der Dachflächen nach den Punkten 1-4 soll in der Regel in größtmöglichem Umfang erfolgen. Wenn in einem Bebauungsplan eine Dachbegrünung im Rahmen der ökologischen Eingriffs-Kompensation und/oder des Regenwasser-Bewirtschaftungskonzepts erforderlich ist, beträgt der Anteil der PV-Anlagen an der Dachfläche im Regelfall bis zu 40 %. Die PV-Anlagen können entweder in Kombination mit dem Gründach aufgeständert oder alternativ direkt auf dem Teil der unbegrünten Dachfläche errichtet werden. Werden vom Eigentümer/Besitzer keine Anlagen gebaut, sollen die Dachflächen Dritten (Stadtwerken, Energiegenossenschaften u.a.) für mindestens 25 Jahre zur Verfügung gestellt werden.
Auch die Ausnahmen sind geregelt und bedürfen jeweils einer Einzelfallbetrachtung, hier hat die Stadt Heidelberg mit den Auflagen zum Passivhausstandard seit 2010 langjährige Erfahrung.
6. Ausnahmen von den Punkten 1-5 sind in Abstimmung mit der Verwaltung in Einzelfällen möglich, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen, beispielsweise weil der Einsatz von PV wirtschaftlich oder technisch nicht sinnvoll ist (unter anderem bei starker Verschattung).
Neben diesen verpflichtenden Maßnahmen wird in der Solarkampagne bei privaten Investoren sowie bei Unternehmen und Vereinen mit großen Dachflächen für den Ausbau der Solarenergie geworben.
Ziel ist es neben PV-Anlagen auf Wohn- und Gewerbegebäuden, auch sonstige Flächen (landwirtschaftliche Höfe, Lärmschutzwände, Parkplätze) in Heidelberg und der Region für die solare Stromnutzung zu finden und einer PV-Nutzung zuzuführen.
7. Es werden im Rahmen der Solarkampagne Konzepte und Projekte für weitere Möglichkeiten zum PV-Ausbau entwickelt und umgesetzt.
Der politische Wille zur stärkeren PV-Nutzung wird mit der Maßnahme 8 auch dem Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft als Forderung auferlegt.
8. Die gemeinderätlichen Mitglieder im Aufsichtsrat der GGH werden aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass die GGH ein Konzept zur Bewirtschaftung ihrer Dächer erstellt. Die Stadt und die GGH mögen prüfen, ob die Dächer den Stadtwerken und der HEG kostenfrei zur Verfügung gestellt werden können.
Alles in allem eine mutige Entscheidung des Gemeinderats, die nun von der Verwaltung und den Investoren „gelebt“ werden muss.