Synergien und Konflikte der Stadtentwicklung
Im Zuge der Beteiligung wurde auch die Frage nach Konflikten und Synergien gestellt. Wo sehen die Verwaltung, Interessensvertretungen der Zivilgesellschaft und die Heidelbergerinnen und Heidelberger zukünftige Konflikte? Welche Themen der Stadtentwicklung könnten miteinander kollidieren oder stehen sich bisher im Weg? Und im Gegenzug: Welche Themen könnten einander stärken, ergänzen und positive Wechselwirkungen entfalten? Die Konflikte und Synergien zeigen einerseits, welche Themen besonders sensibel betrachtet werden müssen und andererseits in welchen Bereichen sich Maßnahmen besonders wirksam ergänzen könnten. Strategische Entscheidungen der Stadt Heidelberg haben Auswirkungen auf andere Themen. Die Entscheidungen in Politik und Verwaltung führen zu Konsequenzen in anderen Bereichen. Diese gilt es zu beachten und in den Abwägungsprozess mit einzubeziehen.
Flächenbedarfe durch verschiedene Nutzungen ist ein wichtiges Thema und weist Konfliktpotential auf. In vielen Bereichen wird Bedarf an Flächen formuliert. Dem gegenüber steht der Anspruch, möglichst keine unbebauten Flächen, beziehungsweise Grünflächen zu erschließen und wertvolle Flächen zu schützen. Vor allem sind hier landwirtschaftliche und naturbedeutsame Flächen zu nennen. Die Herausforderung für das STEK ist also einerseits, die verschiedenen Ansprüche miteinander in Einklang zu bringen und Prioritäten zu setzen und andererseits Schutzansprüche mit notwendigem Raum für Entwicklung abzuwägen.
Wenngleich Innenentwicklung und Nachverdichtung zunächst als Synergien und mögliche Lösungen angeführt werden, stecken in ihnen auch Konflikte, wie zum Beispiel der steigende Bedarf an Infrastruktur und Erschließung, erhöhter Verkehr, Nutzungsdruck in Naherholungsgebieten oder im öffentlichen Raum sowie der Verlust innerstädtischer Lebensräume für Tiere und Pflanzen und Freiflächen. Eine mögliche Synergie ist die Mehrfachnutzung von Flächen. Dahinter steckt die Idee einer kompakten und kleinteilig durchmischten Stadt, in der verschiedene Nutzungen Raum und Infrastruktur gemeinsam und effizient nutzen. Als Beispiele werden verschiedene Nutzungen zu verschiedenen Zeiten, die „Stapelung“ von Nutzungen oder auch die Nutzung von Dächern und Fassaden als Grünflächen genannt. Besonders zu erwähnen, ist hier die doppelte Innenentwicklung, welcher großes Potential beigemessen wird, Verdichtung und den Schutz der Natur und Biodiversität in Einklang zu bringen. Auch in der Stadt der kurzen Wege werden viele mögliche Synergien gesehen – sei es die Reduktion von Verkehren durch fußläufig erreichbare Arbeitsplätze in der Nähe der Wohnorte oder die Stärkung von Teilhabe durch Kultur- und Bildungsangebote vor Ort in den Quartieren.
Als konfliktträchtig, beziehungsweise als Hemmnis erachtet werden Auflagen und unflexible Regelwerke. Zum Beispiel bei der Umsetzung einer Nutzungsmischung und der Beachtung des Bauordnungsrechts und der Baunutzungsverordnung. Oder auch in der Mobilitätsplanung bei der Umsetzung von Tempo 30 Zonen auf Hauptverkehrsstraßen.
Folgen von Wetterextremen wie Hitze oder Starkregen stellen eine Gefahr, vor allem mit Blick auf vulnerable Gruppen dar. Durch Klimaanpassungsmaßnahmen werden Synergien und Chancen für eine grünere, ökologisch aufgewertete und gesunde Stadt mit hoher Aufenthaltsqualität gesehen.
Die Mobilitätswende und damit die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel (Fuß, Rad, öffentlicher Personennahverkehr) bringt viele Synergien mit sich, beispielsweise in Bezug auf gesundheitliches Wohlergehen durch eine reduzierte Lärm- und Luftbelastung. Durch eine Umgestaltung der Verkehrsräume lassen sich Aspekte der klimaökologischen Gestaltung oder der Sicherheit mit umsetzen.
Mit Blick auf Zusammenleben und Vielfalt der Gesellschaft stellt die Verteuerung von Wohnraum und Energie ein ungelöstes Problem dar und könnte Ursache für Verdrängungsprozesse sein. Rollstuhlgerechte und barrierefreie Wohnungen entstehen meist in eher teuren Neubauten. Menschen mit Behinderungen verfügen jedoch im Schnitt nur über etwa 80 Prozent des durchschnittlichen Einkommens und sind daher besonders auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Mischnutzungen von Wohnen und sozialer Infrastruktur (zum Beispiel Sportanlagen, Kindertageseinrichtungen) sind von Bedeutung und vielfältige Wohnformen und -typologien befördern sozial durchmischte Quartiere.
Eine weitere Herausforderung ist die Zugänglichkeit, zum Beispiel von sozialer Infrastruktur, Kultur oder auch dem Arbeitsmarkt. Hier scheinen hilfreiche Synergien in Sicht, zum Beispiel durch dezentrale, kostengünstige und niedrigschwellige Angebote, konsequente Barrierefreiheit im öffentlichen Raum oder flexible Arbeitszeitmodelle.
Auch der Konflikt mit Anwohnerinnen und Anwohnern und möglicher Protest, zum Beispiel angesichts von Nachverdichtung, dem Bau neuer Infrastrukturen oder Straßenbaumaßnahmen ist eine Herausforderung mit zunehmender Brisanz. Umso wichtiger erscheint gute und transparente Kommunikation sowie eine Konfliktkultur. Eine große Synergie steckt im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung und der Sensibilisierung und Aktivierung der Bevölkerung für den Umwelt- und Naturschutz, den Klimaschutz, die Mobilitäts- und Energiewende, energetische Sanierung und Klimaanpassung. Bildung ist ebenfalls eine wichtige Synergie zum Beispiel im Bereich der Armuts-, Konflikt- und Kriminalprävention.
Konflikte und Synergien gibt es auch bei Themen der regionalen Kooperation und globalen Verantwortung. Nutzen, Lasten und Kosten der Entwicklung müssen gerecht verteilt werden. Das erfordert Rücksichtnahme auf die Interessen der Nachbarn, Abstimmung gemeinsamer Interessen und gerechte Verteilung von Lasten, wie zum Beispiel Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr oder Standorte für Energieerzeugung mit Eingriffen in Natur und Landschaft.