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Fauler Pelz: Gemeinderat stellt Bauantrag des Sozialministeriums für ein Jahr zurück

Maßregelvollzug kollidiert mit ursprünglicher Planung für universitäre Zwecke

Das Sozialministerium Baden-Württemberg kann im ehemaligen Gefängnis „Fauler Pelz“ kurzfristig keinen Maßregelvollzug einrichten. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 2. Juni 2022 entschieden, einen entsprechenden Bauantrag für ein Jahr zurückzustellen. Die Entscheidung fiel einstimmig bei zwei Enthaltungen. Grund ist ein bereits bestehender Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zum „Faulen Pelz“. Dieser Beschluss aus dem Dezember 2021 sieht vor, dass das Areal künftig durch die Universität Heidelberg genutzt werden soll. Ein Maßregelvollzug in dem Gebäude steht diesem Vorhaben entgegen und würde eine Durchführung der Planung wesentlich erschweren.

„Der ,Faule Pelz‘ ist in jeder Hinsicht ungeeignet für einen Maßregelvollzug. Das Gebäude ist trostlos und kein Ort für die Therapie von sucht- oder psychisch kranken Straftätern. Sowohl beim Baurecht als auch beim Denkmalschutz gibt es hohe Hürden. Es liegt zudem mitten in der Altstadt, in einem belebten Wohn- und Geschäftsviertel, und blockiert dort die Entwicklung. Schließlich hat die Universität Heidelberg schon lange geplant, das Gebäude für die Erweiterung seines Altstadt-Campus zu nutzen. Als Stadt unterstützen wir diese Planungen der Universität voll und ganz“, erklärte Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck.

Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha war in der Gemeinderatssitzung ebenfalls anwesend. Er erläuterte die Gründe, warum das Land den „Faulen Pelz“ für den Maßregelvollzug nutzen wolle. In Baden-Württemberg fehlen demnach aktuell Plätze im Maßregelvollzug. Zudem betonte Lucha, dass der „Faule Pelz“ nur interimsweise bis maximal 2025 genutzt werden solle – und man einer anschließenden Nutzung durch die Universität somit nicht im Weg stehe. Die Stadt Heidelberg hat allerdings große Zweifel an dieser Aussage. Einerseits ist bereits heute abzusehen, dass auch 2025 höchstwahrscheinlich noch ein Mangel an Therapieplätzen in Baden-Württemberg bestehen wird. Andererseits will das Sozialministerium für einen Maßregelvollzug im „Faulen Pelz“ rund 11 Millionen Euro investieren. „Das ist sehr viel Geld für eine dreijährige Interimsnutzung. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Landesrechnungshof dann 2025 eine andere Vorstellung von nachhaltiger Steuergeldverwendung hat“, sagte Erster Bürgermeister Odszuck.

Hintergrund

Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha hatte erstmals im Oktober 2021 über Interviews in der Presse den „Faulen Pelz“ als möglichen Standort für einen Maßregelvollzug ins Spiel gebracht. Die Stadt Heidelberg war hierzu im Vorfeld weder informiert noch beteiligt worden. Der „Faule Pelz“ war zu diesem Zeitpunkt längst für eine universitäre Nutzung vorgesehen. Ein entsprechender Bauvorbescheid wurde bereits 2017 erteilt und Anfang 2021 aktualisiert. Im November 2021 schrieben nahezu alle Fraktionen im Heidelberger Gemeinderat in einer gemeinsamen Erklärung, dass sie sich gegen eine Nutzung des „Faulen Pelz“ für den Maßregelvollzug stellen würden, da er „eine qualitätvolle Stadtentwicklung im traditionellsten Stadtteil Heidelbergs behindern würde“. Im Dezember 2021 fasste der Gemeinderat einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan, der die Nutzung des „Faulen Pelz“ als Ergänzung des Universitätscampus Altstadt vorsieht.

Seit Oktober 2021 hatte die Stadt Heidelberg das Sozialministerium immer wieder darauf hingewiesen, dass Bauarbeiten am Kulturdenkmal „Fauler Pelz“ sowie die Nutzungsänderung zum Maßregelvollzug genehmigungspflichtig seien. Dennoch stellte das Sozialministerium, beziehungsweise das Zentrum für Psychiatrie Calw, erst Ende April 2022 einen ordentlichen Bauantrag. Da ohne Rücksicht auf die laufende Antragsprüfung bereits im Gebäude Arbeiten stattfanden, ließ die städtische Bauaufsichtsbehörde die Maßnahmen dann am 13. Mai 2022 per Verfügung einstellen.

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