Straßenbahn Patrick-Henry-Village: Vertiefende Untersuchungen für zwei verbliebene Varianten beschlossen
Als dritte Variante zur Neckarquerung soll Seilbahnlösung geprüft werden
10.000 bis 15.000 Menschen sollen künftig im Patrick-Henry-Village (PHV), der größten zusammenhängenden Konversionsfläche in Heidelberg, wohnen und arbeiten. Die „Wissensstadt der Zukunft“ muss deshalb gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sein. Die Stadt Heidelberg hat dazu gemeinsam mit der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) und der Heidelberger Straßen- und Bergbahn GmbH (HSB) seit 2018 verschiedene Varianten für eine mögliche Straßenbahnführung nach PHV untersuchen lassen. Auf Beschluss des Gemeinderats sollen nun von ursprünglich sieben Trassenvarianten zwei weiter untersucht werden.
Die aussichtsreichste Variante mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKQ) von 0,8 von Patrick-Henry-Village über den Stadtteil Pfaffengrund und einer Neckarbrücke ins Neuenheimer Feld soll nicht weiter untersucht werden (für eine Förderfähigkeit ist ein NKQ von 1,0 erforderlich). Dies hat der Gemeinderat am Donnerstag, 5. Mai 2022, mehrheitlich beschlossen. Die Berechnung und Erarbeitung der bisherigen Varianten haben bislang rund 210.000 Euro gekostet. Weitere 40.000 Euro sind für das Jahr 2022 dafür eingeplant. Voraussichtlich werden weitere 45.000 Euro benötigt.
Folgende zwei Varianten werden weiter ausgearbeitet:
Beide verbliebenen Varianten verlaufen über die Speyerer Straße, biegen dann in Höhe des Heidelberg Innovation Park (hip) in den Baumschulenweg zum Pfaffengrund ab und verlaufen über die Leonie-Wild-Straße an den Wild-Werken vorbei nach PHV Nord. Die Varianten unterscheiden sich lediglich in ihrem Verlauf auf Höhe der Bahnstadt: Eine Variante (3B) verläuft südlich des Hauptbahnhofs über die Bahnstadt in Richtung Neuenheimer Feld, die andere (3K) verläuft nördlich des Hauptbahnhofs, ebenfalls in Richtung Neuenheimer Feld.
Die bisher im Hinblick auf die Förderung als am aussichtsreichsten geltende Variante 1.4 wurde vom Gemeinderat abgelehnt. Der Grund: Diese beinhaltete eine Neckarquerung, die aber im Rahmen des Masterplans Neuenheimer Feld bereits abgelehnt worden war. Bei dieser Linie ist der Gemeinderat nun geblieben. Stattdessen soll eine Seilbahnlösung mit untersucht werden.
Bis die Straßenbahn verwirklicht ist, sollen Busse fahren
Solange die Untersuchung andauert und die Straßenbahn noch nicht verwirklicht ist, soll PHV von Heidelberg aus mit Bussen angebunden werden. Seit Dezember 2021 fährt die Buslinie 717 in die Region Schwetzingen-Hockenheim. PHV soll künftig tagsüber im 30-Minuten-Takt erschlossen werden. Der Halt in PHV soll so zügig wie möglich eingerichtet werden. Darüber hinaus wird es im sogenannten Straßenbahnvorlaufbetrieb auch Busse aus dem Stadtverkehr Heidelberg geben, die das Gebiet erschließen werden (gemäß Nahverkehrsplan mindestens im 20-Minuten-Takt, je nach Entwicklung bis zu 10-Minuten-Takt). Der Gemeinderat hat hierfür im Februar 2022 Mittel bewilligt, sodass die rnv entsprechende Fahrzeugkapazitäten für die Zukunft einplanen kann.
Da die Busflotte der rnv nach und nach auf emissionsfreie Antriebe umgestellt wird, werden ab spätestens 2027 auch hier Busse fahren, die über einen alternativen Antrieb verfügen werden – voraussichtlich Wasserstoff. Bei den weiteren Planungen im Patrick-Henry-Village werden die Flächen, die für die geplante Straßenbahntrasse benötigt werden, freigehalten.
Wie geht es weiter?
Als Nächstes müssen die verbliebenen Varianten hinsichtlich ihres Bau- und Betriebskonzeptes vertiefend geplant, die aktualisierten Rahmenbedingungen aus dem Masterplan PHV eingearbeitet und hinsichtlich des sich daraus ergebenden Nutzen-Kosten-Verhältnisses noch genauer untersucht werden. Hierfür wird eine Berechnungsmethode angewendet, die sogenannte Standardisierte Bewertung. Dabei wird der Nutzen einer Schienentrasse (zum Beispiel Reisezeitgewinne und Vermeidung von Unfällen) finanziell bewertet und den Kosten gegenübergestellt. Sie ist Voraussetzung dafür, dass Land und Bund den Straßenbahnbau finanziell fördern (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz).
Nach einer ersten vorläufigen Berechnung ist die Förderfähigkeit noch für keine der Varianten gegeben. Allerdings befinden sich die Grundlagen für eine Standardisierte Bewertung derzeit auf Bundesebene in einer kompletten Überarbeitung, so dass künftige Berechnungen neue Chancen eröffnen könnten. Unter anderem sollen die Ergebnisse von PHV Vision und die voraussichtlichen Auswirkungen durch Maßnahmen des Heidelberger Klimaschutzaktionsplans in die Berechnungen miteinfließen.