Eine attraktive Stadt für Frauen
Studie: Platz 2 in Deutschland
Das Magazin Focus hat Ende Mai in einer Studie die Lebensqualität von Frauen in deutschen Städten untersucht. Danach ist Heidelberg in Baden-Württemberg die frauenfreundlichste Stadt; bundesweit belegt sie Platz 2. Das Stadtblatt fragte Dörthe Domzig, Leiterin des Amts für Chancengleichheit, und Bürgermeister Wolfgang Erichson nach den Ursachen.
Was bietet Heidelberg mehr für Frauen im Vergleich mit anderen Städten?
Domzig: Heidelberg zeichnet aus, dass wir zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten bereitstellen für diejenigen, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben oder die dort nicht die gleichen beruflichen Chancen haben. Die etwa Schwierigkeiten haben mit der Vereinbarkeit von Beruf, Karriere und Familie, die eine eigenständige ökonomische Existenz suchen oder andere Teilhabeprobleme in unserer Gesellschaft. Frauen sind häufig in dieser Situation.
Erichson: Wichtig ist uns aber, dass wir eben nicht ausschließlich klassische Frauen-Politik machen, sondern, das war ja auch mit der Gründung des Amts für Chancengleichheit beabsichtigt, dass es uns darum geht, den Menschen Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, denen aus welchen Gründen auch immer dies nicht oder nur unzureichend möglich ist. Da kann beispielsweise das Geschlecht, die Herkunft oder eine Behinderung die Ursache sein. Für diese Menschen bieten wir passgenaue Angebote zur Förderung. Und damit fangen wir bereits in der Schule an.
Domzig: Mit der Unterzeichnung der europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene, der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus, der Charta der Vielfalt hat sich die Stadt Heidelberg zur Durchsetzung von Chancengleichheit verpflichtet. Uns stehen dazu zahlreiche Instrumente zur Umsetzung zur Verfügung.
Erichson: Wir haben als Stadt die „Europäische-Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“ genauso wie die Charta der Vielfalt unterschrieben. Damit verpflichten wir uns zu Vielfalt, Offenheit und Toleranz. Das ist Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner sehr wichtig.
Gleiche Berufschancen, gleiches Einkommen, gute Qualifikation: Bei diesen Faktoren liegt Heidelberg nach der Focus-Studie weit vorn. Wie fördert die Stadt Beruf und Karriere von Frauen?
Domzig: Das fängt bereits bei Kindern und Jugendlichen an mit Lebensplanungs-Workshops oder dem Girls and Boys Day. Der findet regelmäßig mit starker Beteiligung von Unternehmen und Schulen statt. Wir bieten gemeinsam mit Partnern Beratungen zu Weiterbildung, Karriere und Existenzgründung an. Wir beteiligen uns an den Frauenwirtschaftstagen und arbeiten natürlich mit dem Jobcenter zusammen, um beispielsweise Mütter den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern. Es gibt eine Fülle von Fördermaßnahmen, deren Aufzählung hier den Rahmen sprengen würde. Zu finden sind diese alle auf den Internetseiten der Stadt Heidelberg.
Erichson: Wir wollen bereits Mädchen und Jungen die Botschaft vermitteln: Du kannst Erfolg im Beruf haben und eine Familie. Wir als Kommune sind da selbst Vorbild und gewähren Rahmenbedingungen, die das ermöglichen, wie Teilzeitarbeitsplätze, Heimarbeitsplätze oder Teleworking. Beim Frauenanteil hat die Stadt in der unteren und mittleren Führungsebene bereits Parität erreicht. Noch nicht so weit sind wir auf der Abteilungsleiter- und Dezernentenebene, aber auch hier ist ein Zuwachs an weiblichen Führungskräften feststellbar.
Heidelberg ist laut der Focus-Studie besonders sicher. Was macht die Stadt, um die Sicherheit von Frauen im Stadtgebiet zu gewährleisten?
Erichson: Kürzlich haben wir für die Erhöhung des Sicherheitsgefühls aller Heidelbergerinnen und Heidelberger die Zahl der Mitarbeiter beim Kommunalen Ordnungsdienst erhöht. Speziell für Frauen beseitigen wir schon seit Langem Angsträume: Wir nutzen die Stadtteilbegehungen des Amtes für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, um dunkle und unübersichtliche Bereiche festzustellen, die anschließend entschärft werden. Zudem kann jeder unter der Servicenummer 58-15520 solche Orte melden.
Sicher nach Hause kommen Frauen mit dem bundesweit einmaligen Nachttaxi, das erlaubt ihnen die uneingeschränkte Teilhabe am öffentlichen Leben. Das gilt für ältere und auch jüngere Frauen. Aber auch für diejenigen, die nachts arbeiten müssen, ist das eine Möglichkeit, ungefährdet zur Arbeit oder nach Hause zu kommen.
Domzig: Darüber hinaus sorgt die konsequente Anwendung des Platzverweisverfahrens dafür, dass Frauen verstärkt häusliche Gewalt melden. Heidelberg hat frühzeitig diese Hilfeeinrichtung für Frauen, aber auch für Männer und Kinder geschaffen.
Erichson: Gezielte Präventionsarbeit über Partner, die die Stadt finanziell unterstützt, soll Opfer vor Gewalt schützen und Männer – meistens sind es ja Männer - nicht zu Tätern werden lassen. Diese Hilfe bieten beispielsweise der Frauennotruf oder die Männerinterventionsstelle „fairmann“. Zudem arbeiten wir eng mit Polizei, Justiz und Medizinern zusammen, um sie für das Thema zu sensibilisieren.
Domzig: Wir machen auch Workshops zur Gewaltprävention an Schulen aus der Perspektive jeweils von Jungs und Mädchen. Das läuft sehr erfolgreich.
Erichson: Wir sind, was den Schutz vor Gewalt in der Stadt allgemein und den von Frauen insbesondere angeht, sehr breit aufgestellt. Es ist das ganze Paket von Maßnahmen und Angebote, das dieses hohe Sicherheitsgefühl auslöst. Daher haben wir bei der Focus-Studie so gut abgeschnitten.
Wo sehen Sie noch Optimierungsbedarf, damit Heidelberg als Lebensmittelpunkt für Frauen noch attraktiver wird?
Erichson: Unsere Maßnahmen überprüfen wir ständig, um sie im Bedarfsfall anzupassen. So haben wir beispielsweise nach der Silvesternacht in Köln umgehend Selbstbehauptungskurse für Mädchen und Frauen eingeführt, damit sie auf diese neue Art der Gewalt richtig reagieren können. Der Gemeinderat hat dazu auch gerne Mittel bereitgestellt, weil auch er den Bedarf gesehen hat.
Domzig: Was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht, müssen wir in Zukunft mehr an die Jungen und Väter denken. Chancengleichheit für Frauen bedeutet auch, Männer vermehrt davon zu überzeugen, dass sie Elternzeit in Anspruch nehmen. Damit sie dies auch tun, müssen die Rahmenbedingungen stimmen.
Weitere Infos
Projekte und Angebote für Frauen
www.heidelberg.de/chancengleichheit