Entgeltskandal 2012:

Was verdienen Frauen?

"Mehr als sie bekommen", so das einhellige Votum bei der Podiumsdiskussion des Amtes für Chancengleichheit im DAI. Die Forderungen:

te Ideen zur Entgeltgleichheit, von links: Dr. Andrea Jochmann Döll, Kirsten Baumbusch, Beate Müller-Gemmeke, Dörthe Domzig, Roland Haag, Gabriele Frenzer-Wolf (Foto: Rothe)
  • Frauen verdienen mehr als sie bekommen.
  • Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist nur mit Regeln erreichbar!
  • Die Fakten liegen auf dem Tisch, die Messinstrumente sind vorhanden, jetzt muss von allen in ihren Verantwortungsbereichen gehandelt werden.
  • 2012 muss zum Jahr einer entsprechenden Gesetzesinitiative werden.
  • Der Weltfrauentag 2013 soll wirklich einmal Anlass zum Feiern bieten!

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit nur mit Regeln erreichbar

Einig waren sich Gabriele Frenzer-Wolf (Dienstleistungsgewerkschaft ver.di), die Wissenschaftlerin Dr. Andrea Jochmann-Döll sowie die grüne Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke und der Chef des Personal- und Organisationsamtes Heidelberg, Roland Haag, dass die Situation so nicht weiter gehen kann und dass jetzt die Zeit der klaren Schritte und verbindlichen Regeln gekommen ist. Es gelte, da waren sich Podium und Publikum einig, 2012 zum Jahr einer entsprechenden Gesetzesinitiative zu machen, damit der Frauentag 2013 wirklich einmal Anlass zum Feiern bieten könne. Dafür, so der einhellige Tenor, gelte es wirksame Instrumente zu entwickeln, mit denen Unternehmen, Einrichtungen und Behörden überprüft werden können und die Entgeltgleichheit auch durchgesetzt werden kann. Allesamt sicherten die Expertinnen und Experten zu, sich an ihrem Wirkungsort dafür stark zu machen, dass Frauen bald so viel bekommen, wie sie verdienen.

Zum Hintergrund: Anlass der Veranstaltung war der "Entgeltskandal 2012".

Demnach verdienen Frauen im Durchschnitt 23 Prozent weniger als Männer und das seit Mitte der 90er Jahre. Gründe werden unter anderem darin gesehen, dass Frauen vielfach in Branchen und Berufen mit niedrigerem Einkommensniveau arbeiten, in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind, Nachteile aufgrund familienbedingter Berufsunterbrechung haben, wegen nicht geschlechtsneutraler Eingruppierungen zu gering entlohnt werden oder sich häufiger mit Teilzeitarbeit oder Mini-Jobs zufrieden geben müssen.

"Doch damit nicht genug", so die Leiterin des Amtes für Chancengleichheit und Initiatorin des Abends, Dörthe Domzig, "der Einkommensabstand wirkt sich auch auf die Rente aus. Frauen verfügen nur über rund 40 Prozent des Alterseinkommens von Männern." Ihrer Ansicht nach ist vieles davon schlicht auf Diskriminierung zurückzuführen. Denn selbst bei gleichem Alter, Familienstand und Ausbildungsabschluss beträgt die Einkommenslücke noch um die acht Prozent.

Wer trägt eigentlich Verantwortung in diesem komplexen Prozess? Wo sind realistische Ansatzpunkte, damit sich endlich etwas bewegt? Wie können politische Lösungen der Entgeltungleichheit aussehen? Das wollte Moderatorin Kirsten Baumbusch von Gabriele Frenzer-Wolf (Leiterin des Fachbereichs Frauen- und Gleichstellungspolitik von ver.di Baden-Württemberg), von der Wissenschaftlerin Dr. Andrea Jochmann-Döll, von Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sowie Roland Haag, dem Leiter des Personal- und Organisationsamtes der Stadt Heidelberg, wissen.

Bei aller Verschiedenheit der Sichtweisen wurde klar, dass die in Deutschland so tief wie fast nirgendwo klaffende Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen zwar auf ein komplexes System an Gründen zurückzuführen ist, aber im Kern auf die fortbestehende gesellschaftliche Ungleichbehandlung von Frauen verweist. Bislang fehlen sogar die Rechtswege, um das Recht einzuklagen und die Sanktionsmöglichkeiten sind gering. Dabei wurde das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit bereits 1957 in den Römischen Verträgen verankert. "Die Fakten liegen auf dem Tisch", so das Fazit der Diskussion, "die Messinstrumente sind vorhanden, jetzt muss nur noch gehandelt werden – von allen in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen, und dabei ist jeder und jede gefordert."

Das Amt für Chancengleichheit bedankt sich bei der Journalistin Kirsten Baumbusch für die Berichterstattung.

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