Auf die Mischung kommt es an!

Auftaktveranstaltung zum neuen Aktionsplan am 29. April 2014 (Foto: Stadtberatung Dr. Sven Fries)
Auftaktveranstaltung zum neuen Aktionsplan am 29. April 2014 (Foto: Stadtberatung Dr. Sven Fries)

Davon überzeugten sich gestern Abend rund 150 Gäste, die der Einladung der Stadt Heidelberg zur Veranstaltung "Offen für Vielfalt und Chancengleichheit – Ansporn für alle" folgten. Thema des Abends war der Umgang mit den Herausforderungen des sozialen Wandels, der die Städte in Zukunft noch stärker als bisher prägen wird. Im Gespräch mit Prof. Bukow, Kultursoziologe und Seniorprofessor am Forschungskolleg der Universität Siegen, bestand die Möglichkeit auszuloten, mit welchen Veränderungen wir es zu tun haben, wo die Herausforderungen gesehen werden und welche Antworten darauf künftig den größten Erfolg versprechen.

Anschließend konnten alle Interessierten an Thementischen zu den Schwerpunkten "Bildung", "Arbeitswelt" und "Zusammenleben" ihre Einschätzungen dazu abgeben, wie offen sie ganz persönlich Heidelberg für Vielfalt und Chancengleichheit erleben. Im Gespräch mit den Moderator_innen wurde auf den Punkt gebracht, wo Herausforderungen gesehen werden, welche Lösungsansätze verfolgt werden könnten und wo man selbst gerne mitarbeiten würde.

Die Veranstaltung ist Teil eines vom Integrationsministerium des Landes Baden-Württemberg geförderten Projektes, das vom Amt für Chancengleichheit gesteuert wird. Ziel dieses Projektes ist die Erarbeitung eines Vorschlages an den Gemeinderat der Stadt Heidelberg für einen Aktionsplan, der neue Impulse bringt für die gleichberechtigte Teilhabe an Lebensmöglichkeiten der Stadt.
 
Deutlich wurde, dass Städte schon immer Orte der Vielfalt waren und zunehmend Orte für Menschen mit Lebensgeschichten sein werden, die keinem gemeinsam verbindlich festgefügten (Rollen-)Muster folgen. Die Herausforderung wird darin bestehen, heimisch sein und werden zu können angesichts zunehmender selbstbestimmter Vielfalt, durchmischt mit vielfachen globalen Identitäten.

Der Appell: Augen öffnen und die tatsächliche Vielfalt sehen, sie zulassen, die Potenziale erkennen und kreativ zur Entfaltung bringen. Eine Stadt, die ihre Innovationskraft, Attraktivität und Weltoffenheit sichern will, tut gut daran in allen ihren Schlüsseleinrichtungen eine Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln, die auf eine faire Entfaltung möglichst vieler Talente setzt.

Gute Ansatzpunkte dazu bietet das Konzept des Amtes für Chancengleichheit. Mit breiter Beteiligung von Expertinnen, Verwaltung und Bürgerschaft soll ein neuer Aktionsplan erarbeitet werden, der diese Kultur einer gleichberechtigten Teilhabe mit neuen Projekten lebendig hält und angesichts von Fakten, die herausfordern, gezieltes Engagement vorsieht.

Dabei geht es den Organisatorinnen nicht nur um das Thema Zuwanderung, sondern auch um Geschlechtergerechtigkeit, um den Familienstand, um die soziale Herkunft, die sexuelle Identität, mögliche Behinderungen oder andere wesentlichen Lebenslagen.
 
Erste Anregungen aus der Bürgerschaft gab es von den Gästen der Auftaktveranstaltung an den Thementischen.

Thema Gestaltungsmöglichkeiten für die Stadt Heidelberg, das Lernen im Lebenslauf im Sinne von Vielfalt und Chancengleichheit für die Bürger/-innen zu ermöglichen? Am Thementisch Bildung wurden viele Ideen geäußert, die die ganze Palette der Bildungsprozesse und -strukturen abbilden. Für viele stand das schulische Lernen im Mittelpunkt: Förderung von zieldifferentem Unterricht, Stärkung der Elternbildung, aber auch der Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus oder Ausbau nachschulischer Betreuungsangebote seien vonnöten. Der Blick auf Best-Practice Beispiele (Schlagwort „Community School“) könne helfen, Gelingensfaktoren zu identifizieren. Ausgestaltung bzw. Strukturierung von Bildungsübergängen, wie beispielsweise der Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule oder der Übergang von der weiterführenden Schule in den Beruf / in das Studium waren weitere Felder, in denen Handlungsbedarfe formuliert wurden. Aktive Unterstützung, Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Professionals in Bildungseinrichtungen seien als weitere notwendige Schritte, Potentiale der Vielfalt in Bildungsprozessen zu nutzen, für eine Kultur der Annahme unbedingt erforderlich.
 
Im Bereich „Arbeit“ stand besonders das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Fokus. Neben Forderungen nach einer flexibleren Kinderbetreuung und einer breiteren Angebotspallette an Maßnahmen und Arbeitszeitmodellen hoben die Bürger_innen die Verantwortung der Unternehmen hervor, langfristig für ein familienfreundlicheres Betriebsklima zu sorgen und dabei künftig auch die Bedürfnisse von Vätern in den Blick zu nehmen. Daneben beschäftigte die Bürger_innen vor allem die schwierige arbeitsrechtliche Situation von Asylbewerber_innen sowie die bestehenden Hürden für Zugewanderte auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die Vorschläge reichten hier von einer vereinfachten Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse über vielfältigere Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung bis hin zu einer stärkeren Interkulturellen Öffnung der Unternehmen. Beleuchtet wurden darüber hinaus die schwierige Situation von jungen Menschen und Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt sowie die Karrierechancen von Frauen und Müttern.

In punkto „Zusammenleben bewegt die Heidelberger Bürger unter anderem Fragen des Miteinanders der Generationen sowie die Sichtbarmachung von Menschen, die Flucht und Vertreibung in unsere Kommune geführt haben. Es dürfe keine ‚Ghettoisierung’ von Personengruppen stattfinden, vielmehr müssten neue Wohnkonzepte gefunden werden, die etwa auch die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung unterstützen. Einzufordern sei zudem die Selbstverständlichkeit sexueller Identitäten jenseits des bipolaren Geschlechtermodells. Vielfach sei dabei an allererster Stelle zunächst eine breitenwirksame Bewusstseinsschaffung für die vielen Dimensionen bzw. die 'Normalität' von gesellschaftlicher Vielfalt von Nöten.

Wer nach dem gestrigen Abend mit etwas Distanz und nach Gesprächen mit anderen noch auf gute Anregungen zum geplanten Aktionsplan gestoßen ist, kann diese bis zum 31. Mai 2014 an das Amt für Chancengleichheit, Bergheimer Straße 69, 69115 Heidelberg bzw. per Mail an chancengleichheit@heidelberg.de schicken.