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Dritte Evaluation der Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung 2022

Die Bürgerbeteiligung der Stadt Heidelberg ist von überdurchschnittlicher Qualität, wenngleich zwölf Handlungsempfehlungen in der Zukunft stärker in den Fokus rücken sollten. Zu diesem Schluss kommt die dritte Evaluation der Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung der Stadt Heidelberg. Diese wurde 2022 durchgeführt und durch den Arbeitskreis Bürgerbeteiligung begleitet. Ziel der Untersuchung war es, die Qualität der Bürgerbeteiligung in Heidelberg aus sieben verschiedenen Blickwinkeln zu überprüfen. Die Erkenntnisse dieser sieben Bausteine werden im Folgenden erläutert.

1. Wie denkt die Heidelberger Bevölkerung über Bürgerbeteiligung?

Die Heidelberg-Studien sind jährlich stattfindende repräsentative Umfragen unter der Bevölkerung Heidelbergs. Darin enthalten sind Fragen zur Bürgerbeteiligung. Etwa 90 Prozent der Heidelbergerinnen und Heidelberger halten demnach Bürgerbeteiligung für wichtig. Die Mehrheit der Befragten sieht ausreichend Möglichkeiten sich einzubringen. Für junge Menschen ist Bürgerbeteiligung besonders wichtig. In der Gruppe der unter 29-jährigen gab es zudem einen Anstieg der Beteiligungserfahrung um 25 Prozentpunkte (2018: 29 Prozent, 2019: 54 Prozent).

2. Welche Rolle spielt Bürgerbeteiligung bei städtischen Vorhaben?

Die Vorhabenliste dient dazu, frühzeitig über städtische Vorhaben zu informieren. Sie wurde dahingehend untersucht, bei wie vielen Vorhaben eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen ist. Mehr als 2/3 der städtischen Vorhaben finden mit Bürgerbeteiligung statt. Dieser Anteil ist seit der letzten Evaluation 2018 gestiegen (von 59 Prozent auf 68 Prozent). Besonders häufig wird Bürgerbeteiligung von den Dezernaten für „Stadtentwicklung und Bauen“ sowie „Klimaschutz, Umwelt und Mobilität“ durchgeführt.

3. Wie wird beteiligt?

Mit Hilfe einer internen Beteiligungsdatenbank wurden Vorhaben mit Bürgerbeteiligung von 2013 bis 2022 analysiert. Die Projekte unterscheiden sich hinsichtlich der Anzahl der Beteiligungsformate und Teilnehmergröße. Seit der Einführung der Leitlinien gab es 3-mal einen Koordinationsbeirat und 17-mal eine prozessbegleitende Arbeitsgruppe. Bei mehr als der Hälfte der erfassten Projekte wurden Informationsveranstaltungen mit Diskussionen durchgeführt, bei etwa 30 Prozent beteiligungsintensivere Formate wie Workshops und bei circa 10 Prozent fand eine Online-Beteiligung statt. Die Datengrundlage ist allerdings lückenhaft, sodass sich nur eingeschränkt Empfehlungen aus dieser Analyse ableiten lassen.

4. Wer beteiligt sich? Und wie erleben Teilnehmende Veranstaltungen und Prozesse?

Direkt im Anschluss zu Bürgerbeteiligungsveranstaltungen werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Veranstaltung zu ihren Eindrücken mithilfe eines standardisierten Fragebogens befragt. Die Teilnehmenden sind im Durchschnitt älter und höher gebildet als der Heidelberger Durchschnitt. Menschen mit Migrationshintergrund sind unterrepräsentiert. Die 25 evaluierten Veranstaltungen wurden insgesamt positiv bewertet. Besonders hervorgehoben wurden die sachlichen Diskussion, jedoch gibt es bei der Diskussionszeit und der klaren Ergebnisverwertung noch Verbesserungspotenzial. Kritisch anzumerken ist, dass an den Befragungen weniger als ein Fünftel der Beteiligten teilnahmen.

5. Welche Erfahrungen machen beteiligte Akteure mit der Umsetzung der Leitlinien?

Des Weiteren fanden sogenannte Werkstattgespräche statt. Dabei handelt es sich um Gespräche mit Akteuren aus vergangenen Beteiligungsprozessen („Der Andere Park (377 KB)“ und „Dossenheimer Landstraße (289 KB)“), die ihre Erfahrungen geteilt und Verbesserungspotenziale aufgezeigt haben. Die Empfehlungen aus den beiden Werkstattgesprächen drehen sich in erster Linie um eine klare Kommunikation und eine (noch) vorausschauende(re) Prozessplanung.

6. Was gibt es Neues aus der Abteilung Bürgerbeteiligung?

Die Abteilung Bürgerbeteiligung hat sich personell neu aufgestellt und passt sich dynamisch an den gesellschaftlichen Wandel an. Im Betrachtungszeitraum der dritten Evaluation wurde die Kinder- und Jugendbeteiligung ausgebaut, digitale Beteiligungsmöglichkeiten weiterentwickelt und vermehrt aufsuchende Beteiligungsformate in den Stadtteilen eingesetzt.

7. Inwiefern entspricht die Bürgerbeteiligung in Heidelberg den Standards "Guter Bürgerbeteiligung"?

Die bisher genannten Bausteine stellen eine interne Evaluation dar. Darüber hinaus wurde die Arbeit der Abteilung Bürgerbeteiligung extern vom Berlin Institut für Partizipation evaluiert. Das Evaluationsverfahren „Gute Bürgerbeteiligung“ betrachtet Bürgerbeteiligung aus drei Blickwinkeln: Institution, Prozesse und Relevanz. Es umfasst insgesamt 84 Indikatoren, darunter zum Beispiel „Institutionelle Kooperation“ (Institution), „Methodenauswahl“ (Prozesse) und „Berichterstattung“ (Relevanz). Die einzelnen Blickwinkel wurden mithilfe von standardisierten Interviews mit unterschiedlichen Akteursgruppen und der Prüfung schriftlicher Unterlagen beurteilt. Das Ergebnis: Die Beteiligungsqualität in Heidelberg erzielt entlang aller drei Bereiche eine nahezu identische Qualität. Die Beteiligungspraxis in Heidelberg erreicht 187 von 252 möglichen Punkten, was einer „überdurchschnittlichen Qualität“ entspricht. Das Verbesserungspotential besteht aus kleineren Nachjustierungen, die allerdings durchaus weiteres Qualitätspotential realisieren können.

Die Erkenntnisse aus den sieben Evaluationsbausteinen wurden im Arbeitskreis Bürgerbeteiligung, der aus Mitgliedern der Bürgerschaft, der Verwaltung und des Heidelberger Gemeinderates besteht, ausgewertet und zusammengefasst. Fest steht: Eine inhaltliche Überarbeitung der Leitlinien ist nicht erforderlich. Die Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung in der Stadt Heidelberg haben sich bewährt. Dennoch wurden zwölf Handlungsempfehlungen ausgearbeitet, welche dafür sorgen können, dass die Beteiligungspraxis auch in Zukunft von hoher Qualität ist.

Die Handlungsempfehlungen lauten:

  • Breite Beteiligung stärker ermöglichen
  • Offene Beteiligung stärker ermöglichen
  • "Do or explain" als Feedbackkultur etablieren
  • Beratungsfunktion der Fachstelle beibehalten und stärken
  • Die nicht öffentliche Beteiligungsdatenbank durch einen öffentlichen Beteiligungsbericht ersetzen
  • Bürgerbeteiligung sichtbarer machen
  • Evaluationsfragebogen weiterentwickeln
  • Digitale Beteiligungsplattform einrichten
  • Funktionen der Vorhabenliste optimieren und erweitern
  • Repräsentative Umfragen zur Bürgerbeteiligung durchführen
  • Arbeitskreis Bürgerbeteiligung fortführen und neu besetzen
  • Die personelle und finanzielle Ausstattung der Fachstelle Bürgerbeteiligung erhöhen

Weitere Infos:

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