Urban Mining im Bausektor

Gebäudebestand als Rohstofflager für die Bauten von morgen

Was ist Kreislaufwirtschaft? Was bedeutet Cradle-to-Cradle?

Das Cradle-to-Cradle-Prinzip (C2C) findet immer häufiger im Zusammenhang mit dem Thema der Nachhaltigkeit Erwähnung – dabei wurde das Konzept bereits in den 1990er-Jahren von Michael Braungart, William McDonough und der EPEA Hamburg entwickelt. Übersetzt heißt es von der Wiege zur Wiege und bezeichnet einen idealisierten, geschlossenen Rohstoffkreislauf nach dem Vorbild der Natur, bei dem alle Rohstoffe eines Produkts nach dem Nutzungszeitraum zu 100% im Kreislauf bleiben und wiederverwendet werden können. Somit würde es Müll, wie er durch das bisherige „Take – make – waste“ -Modell entsteht, nicht mehr geben, sondern nur noch nutzbare Wertstoffe. 

Hand baut mit Bauklötzen auf einem Bauplan.

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Große Potenziale für die Baubranche

Das Cradle-to-Cradle-Prinzip kann auf praktisch jedes Produkt angewendet werden. Betrachtet man jedoch den enormen Rohstoff- und Energieverbrauch der Bauindustrie, ist das Potenzial hier besonders hoch. Viele Bauteile bestehen jedoch aus vielen unterschiedlichen Ausgangsstoffen, die in der Regel untrennbar miteinander verbunden sind, so bei Klebeverbindungen, Beschichtungen oder anderen Verbundstoffen. Dadurch können die Bauteile nicht in den Kreislauf zurückgeführt werden und müssen als Abfall auf der Deponie entsorgt werden. Daher ist es von großer Bedeutung, die sortenreine Demontierbarkeit und Recyclingfähigkeit von Bauprodukten und -teilen bereits als integralen Entwurfsbestandteil in der Planung mitzudenken.

Heidelberg als Vorreiter beim Thema Zukunftsfähiges Bauen

Nach der Einberufung der Stadt Heidelberg zum Strategiebeirat „Kreislaufgerechtes Bauen“ durch das Bundesbauministerium bei der die Stadt Heidelberg eine Vorreiterrolle spielt, wurde Heidelbergs erster Bürgermeister Jürgen Odszuck nun auch als einer von 20 nationalen Experten zum Runden Tisch „Zukunftsgerechtes Bauen“ einberufen. Die erste Sitzung fand am 5. Juni 2023 in Berlin statt. Das Bundesbauministerium plant, einen digitalen Gebäuderessourcenpass für ein verbessertes Ressourcenmanagement im Bausektor einzuführen. Bei dem Treffen in Berlin sollen durch Erfahrungsaustausch und Diskussion weitere Schritte des Vorhabens geplant und Handlungsempfehlungen mit den Expertinnen und Experten ausformuliert werden.

Pilotprojekt "Circular City Heidelberg"

Videobeitrag der Deutschen Welle zum Thema Urban Mining in Heidelberg (auf Englisch).

Cradle-to-Cradle kurz erklärt. 

Das Interview mit Jürgen Odszuck zum Thema "Circular City Heidelberg" im Stadtblatt gibt es hier zu lesen. 

Veranstaltungen

Was ist Urban Mining? Wie funktioniert eine Kreislaufwirtschaft? Darüber informierte und diskutierte die Stadt Heidelberg bei einer öffentlichen Veranstaltung am 6. Februar 2024 im Zuge der neuen Reihe „Stadtentwicklung im Dialog“. Den Auftakt bildete Matthias Schäpers, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, mit einem Impulsreferat zur Transformation der Baubranche. Die Stadtverwaltung Heidelberg berichtete vom Pilotprojekt „Circular City Heidelberg“, das auf der größten städtischen Konversionsfläche, dem Patrick-Henry-Village, gestartet ist. Dort entsteht durch die Entwicklung des neuen Stadtteils ein gigantisches Rohstofflager. Vertreten mit einem Beitrag war auch der Städtetag Baden-Württemberg.

Unterlagen zur Veranstaltung gibt es unter Stadtentwicklung im Dialog.

Was ist das Projekt?

"In unseren Gebäuden stecken tonnenweise Materialien und Rohstoffe, die nach einem Abriss wiederverwendet werden könnten. Meistens landen sie stattdessen auf dem Müll. Das ist weder nachhaltig noch klimafreundlich. Die Stadt Heidelberg möchte das ändern und beteiligt sich daher am Projekt „Circular City Heidelberg“.

Ziel von „Circular City Heidelberg“

Das Ziel von „Circular City Heidelberg“ ist die Erstellung eines digitalen Gebäude-Materialkatasters. Das Kataster soll Aufschluss darüber geben, mit welchen Materialien in welcher Menge und Qualität bei einem Gebäudeabriss oder einer umfassenden Sanierung zu rechnen ist. So soll es möglich werden, dass wiederverwertbare Materialien identifiziert und wieder in den Stoffkreislauf gegeben werden können.

Partner

Die Stadt Heidelberg hält dieses Projekt im Sinne von Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ressourcenschonung für vorbildlich. Sie hat sich daher als erste Stadt in Europa für eine Erprobung entschieden. Die Initiative zu diesem Projekt ging von dem Bau-Beratungskonzern Drees&Sommer und deren Tochter, dem Umweltberatungsinstitut EPEA, aus. Weitere Partner sind die Plattform Madaster Germany sowie HeidelbergMaterials. 

Projektstand

Die Arbeit an dem digitalen Kataster hat bereits begonnen – auf dem Patrick-Henry-Village. Hier liegt durch die jüngsten Voruntersuchungen bereits ein umfangreicher Datenbestand vor. Nach und nach wird das Kataster nun mit Daten aus allen Stadtteilen Heidelbergs erweitert. Wichtig zu wissen: Es erfolgen keine Untersuchungen an einzelnen Häusern. Die Eigentümerinnen und Eigentümer werden von der Erhebung der Daten nichts mitbekommen. Erfasst werden allgemeine Parameter wie Baujahr, Kubatur und Nutzungsart eines Gebäudes. Anhand derartiger Kriterien kann man bereits gute Annahmen treffen, welche Materialien verbaut worden sind. Nach der Erprobung in Heidelberg soll die Methode auf andere Städte und in ganz Europa als Blaupause angewandt werden.

Ziel des Projekts

Effizientes Baustoffrecycling und die Stärkung des Bewusstseins, dass alte Häuser als Rohstofflager für neue Gebäude dienen können, sollen mithilfe des stadtweiten Gebäude-Materialkatasters geschärft werden. Die Baubranche nennt dieses Prinzip auch „Urban Mining“ – also „Bergbau in der Stadt“.
Somit kann man die Baubranche nachhaltiger und klimafreundlicher gestalten – und schont wichtige Ressourcen. Das Kataster gibt übersichtlich und transparent Auskunft darüber, welches Material in welcher Qualität und in welchen Mengen bei zukünftig anstehenden Gebäudeabrissen oder -sanierungen erwartet werden kann. Basierend auf dieser Datenlage lassen sich beispielsweise Deponien und Aufbereitungsflächen entsprechend planen und eine regionale Wertschöpfung durch regionale Lieferketten und neue Geschäftsmodelle anstoßen. Das verringert die Abhängigkeit von importierten Rohstoffen oder lange Transportwege.

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