Zahlreiche Impulse für gelungene Bürgerbeteiligung
Vier verschiedene Modelle der Bürgerbeteiligung wurden in der zweiten Sitzung des Arbeitskreises Bürgerbeteiligung am 8. April 2011 vorgestellt und diskutiert. Schnell war klar, dass Heidelberg auf wertvolle Erfahrungen und Impulse Anderer zurückgreifen kann, es aber ein fertiges Modell für Bürgerbeteiligung in Heidelberg nicht gibt. Es kommt also noch viel Arbeit auf die 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitskreises zu, bis der „Heidelberger Weg“ für mehr Bürgerbeteiligung beschritten werden kann.
Als Basis seiner Arbeit und als Bewertungsschema zur Diskussion der Modelle legte der Arbeitskreis zunächst so genannte Gestaltungskriterien fest, also Anforderungen, die der Heidelberger Weg der Bürgerbeteiligung erfüllen sollte:
- Bürgerbeteiligung soll aus der Bürgerschaft, vom Gemeinderat und der Verwaltung initiiert werden können, also sowohl von „oben“ als auch von „unten“.
- Kriterien für den Beginn von Bürgerbeteiligungsprozessen müssen klar festgelegt werden.
- Bürger sind frühzeitig einzubinden.
- Bürgerbeteiligung soll prozessbegleitend stattfinden durch eine effektive und effiziente Verzahnung von Verwaltungs-, Beteiligungs- und Entscheidungsprozessen und unter Einsatz geeigneter Verfahren.
- Die Ergebnisse sollen an eine breite Öffentlichkeit rückgekoppelt werden.
- Der Verbindlichkeitsgrad von Beteiligungsergebnissen muss klar festgelegt werden.
- Bürgerbeteiligungsprozesse sind zu evaluieren, um die Erfahrungen zur Verbesserung folgender Prozesse zu nutzen.
- Bürgerbeteiligung soll mit dem Aufbau einer breiten öffentlichen Kommunikationskultur in Heidelberg verbunden sein.
Die vier Modelle, die dargestellt und erörtert wurden, sollten nun als Anregungen dienen, wie diese Gestaltungskriterien konkret mit Leben gefüllt werden können. Der Arbeitskreis gelangte dabei zu folgenden Ergebnissen:
Modell Filderstadt
Die schwäbische Stadt zeichnet sich durch ein Modell aus, das Bürgerbeteiligung relativ klar reglementiert – zum Beispiel müssen sich Gruppierungen, die am Bürgerbeteiligungsprozess teilnehmen möchten, zunächst bei der Verwaltung registrieren. Die Umsetzung der Bürgerbeteiligung wird im Wesentlichen von der Verwaltung verantwortet. Positiv wurde von den Mitgliedern des Arbeitskreises hervorgehoben, dass die Leitlinien vom Gemeinderat verabschiedet und in einer Satzung niedergelegt wurden. So erhält der Prozess eine klare Verbindlichkeit.
Modell Weyarn
Die dörfliche Gemeinde Weyarn – südlich von München gelegen – hat ein viel beachtetes Modell der Bürgerbeteiligung entwickelt, das vor allem die Stärkung des Gemeinwohls zum Ziel hat und auf eine basisdemokratische Legitimation baut. Bei diesem Modell überzeugt vor allem die einfache, klare Sprache, in der es verfasst ist. Bürgerbeteiligung von „unten“ ist ausdrücklich erwünscht. Auch hier muss die Gründung einer „Bürgergruppe“ bei der Gemeinde angezeigt werden. Dann können über einen jährlichen Budgetplan Mittel zur Unterstützung von der Gemeinde beantragt werden, sofern über die eigene Arbeit lückenlos Rechenschaft abgelegt wird. Um die Themen der Bürgerbeteiligung mit den Interessen der Kommune auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, wird den Arbeitskreisen, zu deren Bildung die Bürger aufgerufen werden, eine vom Rat gemeinsam mit den Bürgern erarbeitete Prioritätenliste zugrunde gelegt.
Modell Leipzig
In der Sachsenmetropole wurde ein ausgereiftes Modell der Bürgerbeteiligung erarbeitet, das durch seine Prozessorientierung überzeugt. So sind die verschiedenen Schritte der Bürgerbeteiligung an den Abläufen in der Verwaltung – etwa an Planungsprozessen – orientiert. Damit ist eine kooperative Verzahnung von Beteiligung und Umsetzung garantiert. Gleichzeitig wird der Rückkopplung der Beteiligungsergebnisse in die breite Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Themenfindung für Bürgerbeteiligung wird im Forum Bürgerstadt Leipzig öffentlich diskutiert und in den Gemeinderat eingebracht. Bislang gibt es jedoch in Leipzig keinen Leitfaden, in dem der Bürgerbeteiligungsprozess in einfacher Weise dargestellt wird und damit einfach umsetzbar ist.
Modell der „Bürger für Heidelberg“
Die Ideenskizze der Bürger für Heidelberg besticht durch ihren Ansatz, Bürgerbeteiligung insbesondere „von unten“ zu initiieren und den Sachverstand der Bürger zur Ausarbeitung von Lösungen umfassend einzubeziehen. Kritisch wurde gesehen, dass der Kooperation von Bürgern, Rat und Verwaltung während des Beteiligungsprozesses zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und somit auch der Einbeziehung des Sachverstands der Verwaltung nur wenig Bedeutung beigemessen wird.
Beteiligungsmodell zwischen Verbindlichkeit und Offenheit
Die Diskussion machte deutlich, dass man verschiedene Anregungen für Heidelberg aus den Modellen mitnehmen kann. Allerdings müssen die Details, wie die einzelnen Gestaltungsmerkmale in Heidelberg genau aussehen sollen, in den nächsten Wochen gemeinsam besprochen und geklärt werden.
Weitere Informationen zu den einzelnen Modellen sowie die Protokolle der Sitzungen stehen in Kürze unter www.heidelberg.de zur Verfügung. Die nächste Sitzung des Arbeitskreises ist am 6. Mai 2011. Dann wird es unter anderem um die Frage gehen, wie genau die Gestaltungskriterien für Heidelberg aussehen sollen.