„Ein Pionier der Hip-Hop-Kultur und Wachrüttler“
Frederik Hahn alias TORCH mit Richard-Benz-Medaille der Stadt Heidelberg ausgezeichnet
Für seine herausragenden Verdienste um die Hip-Hop-Kultur in Deutschland und Heidelberg ist der Rapper Frederik Hahn alias TORCH mit der Richard-Benz-Medaille der Stadt Heidelberg ausgezeichnet worden. TORCH nahm die Auszeichnung am 30. September 2021 im Gebäude Prinz Carl aus den Händen von Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner entgegen. Er ist der 17. Träger der Medaille, die seit 1976 von der Stadt vergeben wird. Zu seinen Ehren und aus Anlass seines 50. Geburtstags veranstaltete die Stadt einen feierlichen Empfang. Die Laudatio hielt Landesfinanzminister Dr. Danyal Bayaz. Adam Silverstein vom Universal Hip Hop Museum New York sprach eine Keynote, Toni-L und DJ MikiLeaks sorgten für die musikalische Umrahmung.
„Verschmelzung von Rap, Philosophie und Literatur inspiriert die Menschen“
Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner würdigte das vielschichtige und umfangreiche Wirken von TORCH: „Sie sind ein Pionier der Hip-Hop-Kultur im deutschsprachigen Raum, gelten als Vorreiter der Kunstformen Graffiti und Street-Art in der Rhein-Neckar-Region und gehörten zur ersten Breakdance-Generation Europas. Ihr Ansatz der Verschmelzung von Rap, Philosophie und Literatur inspiriert bis heute Menschen unterschiedlicher Generationen, sozialer Schichten und kultureller Hintergründe.“
„Darüber hinaus sind Sie ein Wachrüttler“, ergänzte Oberbürgermeister Prof. Würzner: „Ihre Texte mahnen Ungerechtigkeit, Vorurteile und fehlende Chancen zur Integration an. Und schließlich arbeiten Sie als Initiator des Projekts ,Hip-Hop-Archiv Heidelberg‘ gerade daran, eine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Sie erhalten heute eine der höchsten Auszeichnungen, die wir vergeben. Die geehrten Persönlichkeiten spiegeln wider, wofür Heidelberg steht: für eine Stadt der Kultur, der Wissenschaft, der Bildung und der Innovationen. Sie, lieber Herr Hahn, tragen maßgeblich dazu bei, diese Vielfalt zu erhalten und noch zu vergrößern.“
„Grenzgänger zwischen Kunst, Lyrik, Politik, Geschichte und Philosophie“
Landesfinanzminister Dr. Danyal Bayaz sprach in seiner Laudatio von TORCH als einer Schlüsselfigur für die Hip-Hop-Bewegung in Deutschland. Er hob die enge Verbindung des Rappers mit Heidelberg vor: „TORCH und Hip Hop stehen für Heidelberg wie das Schloss, die alte Brücke oder der Neckar. Heidelberg war und ist eine Stadt des lebendigen Geistes. Eine Stadt, in der Menschen bedeutende Worte gefunden und geformt haben. Eine Stadt der Philosophie.“ TORCH stehe in dieser Tradition, auch in einer Reihe mit Hans-Georg Gadamer oder Hilde Domin. Er sei ein Grenzgänger zwischen Kunst, Lyrik, Politik, Geschichte und Philosophie.
Minister Dr. Danyal Bayaz ging auch auf das große Engagement des Rappers gegen Fremdenfeindlichkeit ein, denn TORCH sei jemand, „der offen über seine Erfahrungen mit Rassismus rappt, der seine Verletzlichkeit zeigt, der seine Erfahrungen aber vor allem politisch einordnet. TORCH wurde zu einem Hip-Hop-Botschafter, aber mehr noch, zu einem Botschafter von Menschlichkeit.“
Besorgt zeigte sich Minister Dr. Danyal Bayaz angesichts des Erstarkens der AfD und betonte in diesem Zusammenhang: „Wir brauchen heute dringender denn je Menschen wie TORCH, die mutig gegen solche Strömungen ankämpfen. Seine Texte sind aktueller denn je. Wir brauchen Künstler wie ihn, die uns aufrütteln, die unbequem sind, die mahnen, die eine Stimme für eine menschliche und offene Gesellschaft sind. TORCH ist ein Vorbild. Er ist eine lebende Hip-Hop-Legende.“
Maßgeblich für Hip-Hop-Kultur in Deutschland und Heidelberg
Frederik Hahn alias TORCH wurde am 29. September 1971 in Heidelberg geboren. Der Rapper war der erste, der auf Deutsch rappend improvisierte. Hervorzuheben ist sein deutlich sozialkritischer, sozial-verbindender Ansatz in der Kunst. Er trug maßgeblich dazu bei, die Hip-Hop-Kultur in Deutschland und Heidelberg zu etablieren. TORCH ist zentrales Bindeglied zwischen den einzelnen Akteurinnen und Akteuren der Heidelberger Szene, wie Toni-L, Stieber Twins und Cora E. Mit dem Lied „Fremd im eigenen Land" (1992) und dessen antidiskriminierendem Inhalt lenkte er mit seiner Band Advanced Chemistry internationale Aufmerksamkeit auf Rassismus in Europa, und verzeichnete mit seinem Solo-Album „Blauer Samt“ (2000) große Erfolge.
Frederik Hahn ist Gründer des ersten Hip-Hop-Studios und ältesten Labels (360 Grad Records), war Organisator der ersten Hip-Hop-Veranstaltungen in Heidelberg, war journalistisch-redaktionell bei der Entstehung von Hip-Hop-Magazinen in Europa beteiligt, knüpfte Mitte der 1980er Jahre enge Kontakte zur New Yorker Szene und ist heute europäischer Vertreter des Universal Hip Hop Museums in New York sowie Botschafter für haitianische Musik und Kultur.
Darüber hinaus hat TORCH das Projekt „Hip-Hop-Archiv Heidelberg" ins Leben gerufen. Seine ans Stadtarchiv übergegebene Sammlung bildet mit über 5.000 Archivalien den Grundstein für eine quellenbasierte Hip-Hop-Geschichtsforschung. Seine Vision eines „Hip-Hop Community Museums”, einem Zentrum mit Museum, Institut für Forschung und Bildung, sowie kultureller Begegnungsstätte, an dessen Konzeption er mit seinem Team seit Juni 2019 im Auftrag der Stadt Heidelberg arbeitet, soll Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung unter ein Dach bringen. Aktuell bereitet das Heidelberger Stadtarchiv einen Antrag vor zur Aufnahme des Heidelberger Hip-Hop-Archivs in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes bei der Deutschen UNESCO-Kommission.
Jubiläumsprogramm zu Ehren des Rappers
Rund um den 50. Geburtstag von Frederik Hahn alias TORCH findet in Heidelberg ein buntes Veranstaltungsprogramm statt, das von vielen Kooperationspartnern realisiert wurde. So wird am Samstag, 2. Oktober, auf dem Schloss Heidelberg ein Jubiläumskonzert veranstaltet (bereits ausverkauft). Im Anschluss lädt Purple Suggar im Karlstorbahnhof zur Afterparty mit DJ Stylewarz, DJ Rick Ski und DJ Ladina ein.
Am Sonntag, 3. Oktober, sind Kinder, Jugendliche und Familien zum Hip-Hop-Family-Day beim Skatepark am Römerbad eingeladen. Angeboten werden verschiedene Workshops. Ein Highlight ist die Performance der Tanzcrews aus dem Haus der Jugend. Um 18 Uhr findet in der Providenzkirche unter dem Titel „Fremd im eigenen Land“ – ein Gesprächsgottesdienst mit dem Rapper TORCH statt. Kooperationspartner ist der Jugendtreff CityCult; der Rapper Puls MC aka Florian Schnepf sorgt für die musikalische Umrahmung. Am Montag, 4. Oktober, liest TORCH aus seiner Monographie zum Solo-Album „Blauer Samt“ in der Alten Aula (14 Uhr) und in der Neuen Aula (19 Uhr) der Universität Heidelberg.
Richard-Benz-Medaille
Die Stadt Heidelberg verleiht seit 1976 die Richard-Benz-Medaille für besondere Verdienste um Kunst und Wissenschaft. Sie erinnert an den in Heidelberg verstorbenen Germanisten und Kulturhistoriker Richard Benz (1884-1962) und wurde „als Bekenntnis der Stadt zu ihrem kulturellen Leben“ gestiftet. Höchstens zehn lebende Personen können Träger der Medaille sein. Es sind derzeit Michael Buselmeier (2003), Dr. Manfred Lautenschläger (2009), Ute Richter (2013), Werner Schaub (2016) und Klaus Staeck (2018).