Grenzen der Gleichberechtigung? Keine Frauen bei der Feuerwehr
Es gibt Damenduschen, Damenumkleidekabinen, aber keine einzige Beamtin – das soll sich ändern
Seit einigen Jahren ist die Heidelberger Feuerwehr nun schon in dem futuristisch anmutenden Gebäude an der Speyerer Straße untergebracht. Dort stehen im Erdgeschoss die großen roten Einsatzfahrzeuge in Reih’ und Glied, im dritten Stockwerk sitzt der Verwaltungsstab. Ein paar der Räume blieben in den vergangenen Jahren stets unbenutzt: die sanitären Anlagen und Umkleidekabinen für Frauen. Die Berufsfeuerwehr besteht ausschließlich aus Männern. Das verwundert: Fast ein Viertel der Mitglieder der Jugendfeuerwehr ist weiblich. Bei der Freiwilligen Feuerwehr liegt der Anteil der Frauen bei etwa zehn Prozent. Dass es in der Berufsfeuerwehr keine einzige weibliche Beamtin gibt, ist vielen ein Rätsel. „Wir verschließen uns nicht gegen Frauen bei der Feuerwehr“, sagt Georg Belge, der seit Ende 2010 Chef der Feuerwehr in Heidelberg ist.
Freie Stellen werden immer dann ausgeschrieben, wenn altgediente Feuerwehrmänner in den Ruhestand gehen. Da es sich bei dem Beruf nicht um einen Ausbildungsberuf handelt, kann sich im Grunde jeder bewerben. Eine vorherige Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr ist kein Muss. Es gibt jedoch andere Anforderungen, denen viele Frauen bislang nicht gerecht werden. Von den Bewerbern wird erwartet, dass sie eine handwerkliche Ausbildung abgeschlossen haben. Gern gesehen sind KFZ Mechaniker, Elektriker, Schlosser und Schreiner. „Wer diese Voraussetzung nicht erfüllt, hat schlechte Chancen“, sagt Belge. Das seien Berufe, die ohnehin von Männern dominiert würden. Bei der letzten Ausschreibung im Jahr 2009 waren unter den gut 360 Bewerbern dennoch fünf Frauen. „Eine davon war richtig gut und hat es bis in die engste Auswahl geschafft“, erzählt Belge.
Am Ende scheiterte es an der körperlichen Fitness: Im Eignungsverfahren müssen die Bewerber zeigen, dass sie die Anforderungen des Deutschen Sportabzeichens erfüllen. Da habe die junge Frau nicht punkten können. „Das ist ein generelles Problem: In den Theorietests sind die Frauen oft sogar ein bisschen besser als die Männer, aber in Sachen Kraft, Schnelligkeit und Geschicklichkeit erfüllen sie die Anforderungen oft nicht.“ Mittlerweile wird auf Bundes- und Landesebene darüber diskutiert, ein neues Einstellungsverfahren einzuführen, bei dem auf das Geschlecht stärker Rücksicht genommen wird als das bisher der Fall ist. Das könne die Chancen der Frauen bei der Bewerbung verbessern. Doch auch momentan würden weibliche Bewerber nicht benachteiligt, sagt Belge. Das Heidelberger Amt für Chancengleichheit und die Personalratsvertretung prüfen das regelmäßig nach, wenn es zur Neuausschreibung von Stellen kommt.
Dass es trotz der hohen Anforderungen Frauen gibt, die ein solches Bewerbungsverfahren meistern, hat Belge in Stuttgart erlebt. Dort arbeitete er einige Jahre in der Feuerwehrwache. Unter seinen Kollegen waren auch sechs Frauen. „Das sind wirklich resolute Personen, die in jeder Situation sozusagen ihre Frau stehen. Die sind wirklich immer mit vollem Eifer dabei“, sagt Belge. Im Einsatz stünden sie den Männern in nichts nach. Dabei sei der Job eine harte Sache. Das Schichtsystem und die Aufgaben, die anstehen, verlangen von den Beamten teilweise ihr Äußerstes – ob Brandbekämpfung oder Verkehrsunfall, die Feuerwehrmänner und -frauen müssen bei allem absolut konzentriert bei der Sache sein.
„Man muss außerdem ganz klar sagen, dass wir uns in diesem Job in Gefahr begeben“, sagt Belge. Auch das sei etwas, das viele Frauen eventuell abschrecke. Der Feuerwehr-Chef ist allerdings davon überzeugt, dass eine gute Ausbildung und ein eingespieltes Team der Gefahr entgegenwirken.
Ein anderes gängiges Vorurteil ist: Der Beruf lässt sich schwer mit einer Familie vereinbaren. Das kann Belge nicht bestätigen. Es sei ohne Weiteres möglich, in die Babypause zu gehen und anschließend wieder in den Betrieb einzusteigen. Allein die körperliche Fitness könne während dieser Zeit leiden, doch das erarbeiteten sich die meisten schnell wieder. Bei der Kinderbetreuung müssten sich die Frauen gut mit ihrem Partner abstimmen. Im Schichtsystem ändern sich die Arbeitszeiten im regelmäßigen Rhythmus und auch 24-Stunden-Dienste gibt es einmal wöchentlich. Doch bei der Polizei, wo es ähnlich ablaufe, funktioniere es für die vielen Frauen, die dort arbeiten, schließlich auch. „Frauen sollten sich auf keinen Fall abschrecken lassen“, sagt Belge. Er hofft, dass er in Zukunft auch weibliche Mitglieder in der Heidelberger Berufsfeuerwehr begrüßen kann. In Stellenbeschreibungen werde auch immer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Bewerbungen von weiblichen Interessenten erwünscht sind. Der Feuerwehr-Chef ist gespannt, wie viele weibliche Interessenten es bei der nächsten Stellenausschreibung geben wird. Einer Sache ist er sich allerdings sicher: „Frauen würden das Wachleben komplett verändern
(Quelle: www.rnz.de)