Heidelberg will ein zentrales Katastrophenschutzlager aufbauen

Heidelberg soll ein zentrales Katastrophenschutzlager erhalten, denn bislang sind die Hilfsmittel im Katastrophenfall ungünstig zu erreichen.

Heidelberg ist zwar materiell auf eine Katastrophe vorbereitet, allerdings sind diese schwer zugänglich:  

  • 1,3 Millionen Jodtabletten werden in 280 Kartons im hintersten Winkel eines Lagers in einem Dachgeschoss gelagert, den man nur in gebückter Haltung erreicht. Obendrein führt der Weg zu den Jodtabletten durch zwei Büros und anschließend wiederum mehrere Stockwerke hinunter.
  • 104 ABC-Schutzausrüstungen für Hilfskäfte sind in Euro-Gitterboxen in der Fahrzeughalle der neuen Feuerwache deponiert. Sie schützen Helfer in Noteinsätzen vor radioaktiver Strahlung oder gefährliche Flüssigkeiten. Dort sind sie zwar leicht zu erreichen, nehmen allerdings der Berufsfeuerwehr Lagerkapazitäten weg.
  • Bis zu 40.000 Halbfiltermasken, die vor der Übertragung von Krankheitserregern wie der Schweinegrippe schützen sollen, sind im hintersten Kellerabschnitt der Feuerwache untergebracht - hinter der Zentralregistratur.
  • Notzelte werden wiederum in einem fensterlosen Raum hinter dem Treppenhaus im fünften Stock des Gebäudes aufbewahrt - ohne Aufzug.
  • 50 Feldbetten mit Einwegdecken und Kopfkissen sind ein Stockwerk höher zu finden - allerdings ebenfalls ohne Aufzug.

Im Fall einer Katastrophe sind die Helfer somit zunächst mit dem Zusammentragen der Materialien beschäftigt. Abhilfe soll ein zentrales Katastrophenschutzlager schaffen, dem der Gemeinderat noch zustimmen muss. Das zentrale Lager soll in das neue Gerätehaus der Wieblinger Freiwilligen Feuerwehr integriert werden. "Es wäre das erste Mal, dass wir alles zentral zusammenführen können", erklärt Frank Karlein, Koordinator des Zivil- und Katastrophenschutzes der Berufsfeuerwehr. Nach seinen Angaben ist die Stadt Heidelberg als untere Katstrophenschutzbehörde dafür verantwortlich, welche Materialien für den Notfall bereitgehalten werden.

Ziel sei beispielsweise, für den Notfall 200 Feldbetten bereitstehen zu haben. Bei 140.000 Einwohnern zwar noch nicht genügend, aber nicht jede Kommune könne Zehntausende Feldbetten samt Decken und Kissen bereithalten, meint Karlein. Sollte es zu einer Katastrophe kommen, dann müssen sich Kreise und Städte gegenseitig helfen. Außerdem hat das Regierungspräsidium noch 600 Betten eingelagert, wie es auf Anfrage mitteilt. Selbstverständlich verfügt Heidelbergs Feuerwehr auch über ein Fahrzeug mit Messtechnik, um im Notfall den Grad einer Verseuchung messen zu können.

"Es gab früher mehr Material", erklärt Karlein, aber nach dem Ende des Kalten Krieges habe der Bund sein Engagement im Katstrophenschutz eingestellt. Oftmals wurden Lager aufgelöst und beispielsweise an Dritte-Welt-Staaten verschenkt. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 habe man gemerkt, dass man doch vorbereitet sein müsse. "Jetzt wird in den Kommunen wieder aufgebaut", erklärt Karlein, "aber wenn Strukturen aufgelöst sind, dann ist das schwer." Zwar gibt der Bund mittlerweile wieder etwas mehr Geld. Aber es obliegt Heidelberg, wie viel an Notmaterial für den Katastrophenfall bereitgehalten wird.

Katastrophe ist ein weit gefasster Begriff: Das kann ein Atomunfall in Philippsburg sein, eine Tierseuche, ein schweres Unwetter, ein Erdbeben oder Flugzeugabsturz oder auch eine Kombination mehrerer Notsituationen. "Der Gesetzgeber hat dies bewusst offen gelassen", so der Katastrophenschutz der Feuerwehr. Und man hat den Eindruck, die Kommunen werden mit den Vorbereitungen auf solche Eventualitäten ein bisschen alleingelassen.

Immerhin ist festgelegt: Sollte es zu einem Katastrophenfall kommen, tritt ein Verwaltungsstab für die Koordination zusammen - "quasi ein Rathaus in komprimierter Form", so Karlein.

Parallel arbeitet dann auf der Blaulichtebene (Karlein) der Führungsstab der Berufsfeuerwehr, der auch auf 920 ehrenamtliche Hilfskräfte etwa von THW, DLRG oder DRK zurückgreifen kann. Karlein legt Wert auf die Aussage, dass die Stadt Heidelberg trotz der derzeitigen Unzulänglichkeiten bei der Lagerung der vorhandenen Ausrüstung voll handlungsfähig ist . Am besten ist, der Katastrophenfall tritt gar nicht erst ein.

Originalbericht aus der Rhein-Neckar-Zeitung am 12. April 2012

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