Klimawandel und Wald: Deutscher Forst-Zertifizierungsrat tagte und übte in Heidelberg
Ziel: einheitliche Bewertung beim neuen Fördermodul „Klimaangepasstes Waldmanagement“
Nachhaltige Waldbewirtschaftung bundesweit einheitlich bewerten: Zu diesem Thema haben sich die knapp 70 Mitglieder des Deutschen Forst-Zertifizierungsrats (DFZR) am Donnerstag, 11. April 2024, in Heidelberg getroffen. Der Hintergrund: Seit dem Jahr 2022 gibt es eine neue Bundesförderung für besonders naturnah wirtschaftende Forstbetriebe mit dem Titel „Klimaangepasstes Waldmanagement“. Wer als Waldbesitzerin oder Waldbesitzer bestimmte Auflagen erfüllt, kann vom Bund Fördermittel erhalten. Dazu müssen unter anderem natürliche Wald-Verjüngungsprozesse, Habitatbäume, Totholz und die Schonung des Waldbodens nachgewiesen werden. Die Stadt Heidelberg beteiligt sich seit dem vergangenen Jahr an dem Förderprogramm und kann jährlich Fördermittel in Höhe von rund 200.000 Euro erhalten.
Im Heidelberger Atlantic-Hotel am Europaplatz beschäftigten sich die Zertifiziererinnen und Zertifizierer vormittags in der Theorie mit dem neuen Fördermodul. Am Nachmittag probten sie im Heidelberger Stadtwald den Zertifizierungsprozess im Echtbetrieb. Bei der Schulung ging es vor allem um die einheitliche Bewertung der nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Bundesgebiet. An drei verschiedenen Stellen im Wald übten die Zertifizierenden mit den zwölf Kriterien, die das Förderprogramm kennzeichnen.
Der Heidelberger Stadtwald (rund 3.300 Hektar) wird seit über zwei Jahrzehnten von den beiden großen forstlichen Zertifizierungssystemen überwacht: „Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“ (PEFC) und „Forest Stewardship Council“ (FSC). Die Einhaltung der Kriterien des klimaangepassten Waldmanagements weist der Stadtwald über das Fördermodul des PEFC nun zusätzlich nach.
„Erholungsraum, Biodiversitäts-Hotspot, Wirtschaftsfaktor und grüne Lunge der Großstadt – das alles in einem ist unser Heidelberger Stadtwald“, sagte Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain dazu. „Dass die Bewirtschaftung dieses Alleskönners höchsten Qualitätsanforderungen genügt und dazu auch noch klimaangepasst ist, freut mich ganz besonders und entspricht unserem Selbstverständnis.“
Heidelberg hat als erste Stadt in Deutschland das Zertifikat „Kur- und Heilwald“ nach den PEFC-Standards erhalten. Das weltweit anerkannte Gütesiegel PEFC („Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“) wurde Heidelberg bereits vor 20 Jahren für seine nachhaltige Forstwirtschaft verliehen. 2015 kam die Zertifizierung als „Erholungswald“ hinzu.
Nach Beschwerde: keine Regelverstöße gegen den FSC-Standard
Im vergangenen Jahr 2023 stand der Heidelberger Wald besonders im Fokus der Forstzertifizierung, nachdem eine lokale Bürgerinitiative bei FSC Beschwerde eingelegt hatte und dem Stadtforstbetrieb mehrere Regelverstöße gegen den FSC-Standard vorwarf. Den Anschuldigungen ging das Zertifizierungsunternehmen im Rahmen des jährlichen Überwachungsaudits unter Beteiligung der Beschwerdeführer nach. Da sämtliche vorgetragenen Anschuldigungen als unbegründet erkannt wurden, wurde die Beschwerde schließlich abgewiesen und die erfolgreiche Zertifizierung des Stadtwaldes bestätigt.
Hintergrund: Forst-Zertifizierung von PEFC und FSC
Die beiden großen forstlichen Zertifizierungssysteme PEFC und FSC stellen sicher, dass bei der Waldbewirtschaftung übergesetzliche Standards eingehalten werden. Dazu finden immer wieder Überwachungsaudits statt, welche die konkrete Arbeit vor Ort anhand des jeweiligen Zertifizierungsstandards in den Blick nehmen. Werden Abweichungen vom Standard festgestellt, müssen diese innerhalb einer Frist beseitigt werden, damit das Zertifikat nicht entzogen wird.
Beteiligung am „Klimaangepassten Waldmanagement“
- Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren bundesweit 4.038 Forstbetriebe mit einer Fläche von zusammen 750.588 Hektar durch das PEFC-Fördermodul an der Bundesförderung beteiligt.
- Kriterien des Förderprogramms sind insbesondere die Nutzung von natürlichen Verjüngungsprozessen, die Förderung von Habitatbäumen und Totholz, die Schonung des Waldbodens und eine rein natürliche Waldentwicklung auf fünf Prozent der Fläche
- Das Förderprogramm läuft insgesamt zehn Jahre (20 Jahre Flächenstilllegung), wenn der Bund die entsprechenden Fördermittel bis dahin bewilligt.